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Warum sich die Psychologie für Ästhetik interessiert

Warum empfinden wir etwas ästhetisch – ein Objekt, ein Erlebnis, einen Text? Hier erfährst Du, wie sich die Psychologie und Neurowissenschaften der Ästhetik nähern.


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In jeder Gesellschaft findet man Formen von künstlerischem Ausdruck wie bildende Kunst, Performance, Literatur oder Musik. Ein psychologischer Blick auf das Thema ist deshalb interessant, da dieses universelle Vorkommen fragen lässt, wie inhärent Kunst und Ästhetik in der menschlichen Kognition verortet sind.


aisthetikos: "das Wahrnehmbare, den Wahrnehmungssinn betreffend"

Die griechische Bedeutung von "aisthetikos" bedeutet "das Wahrnehmbare, den Wahrnehmungssinn betreffend". Im allgemeinen Gebraucht wird mit Ästhetik die Wahrnehmung des Schönen in Natur und Kunst verstanden. In der ästhetischen Forschung besteht kein allgemeiner Konsens über eine Definiton des Begriffs, jedoch ist man sich einig, dass er ein breiteres Spektrum ästhetischer Erfahrungen umfasst als Schönheit.


Die Entwicklung der empirischen Ästhetik

Verhaltensforschung, Psychophysik, Kognitionspsychologie und Neurowissenschaften

Ursprünglich ist Ästhetik ein Kernthema von Philosophie, Kunst und Design. Im Laufe des letzten Jahrhunderts jedoch wurde sie auch zu einem Untersuchungsgegenstand in verschiedenen Bereichen der Psychologie wie der Verhaltensforschung und Psychophysik, Kognitionspsychologie und den Neurowissenschaften. Sie näherten sich dem Thema mit unterschiedlichen experimentellen Methoden und Perspektiven.


Eine aktuelle Arbeitsdefinition von Verhaevert, Wagemans und Agustin (2018) framed Ästhetik aus psychologischer Sicht:


„Ästhetische Erfahrungen sind mutmaßlich von Natur aus sehr komplex und umfassen ein unterschiedliche ästhetische Urteile und Emotionen in verschiedenen Phasen der Verarbeitung, wobei Schönheit nur eine - wenn auch sehr wichtige - Facette von vielen ist.“

Welche Fragestellungen behandelt die empirische Ästhetik?

Die ästhetische Erfahrung

Die psychologische Forschung in der Kunst interessiert sich für das „sensorische und wahrnehmungsbasierte Erleben von Kunst“ (Hudson et al., 2015) und untersucht die „wahrnehmungsbasierten, kognitiven und affektiven Prozesse“ bezüglich der Kunstproduktion und -rezeption. Dabei liegt der Fokus der empirischen Ästhetik eher auf der Untersuchung von Ähnlichkeiten in ästhetischen Erfahrungen, anstatt sich auf individuelle Unterschiede, den kulturellen und gesellschaftlichen Kontext oder die Einflüsse von Vorbildung zu konzentrieren. Die empirische Ästhetik zielt dabei darauf ab, „eine Perspektive zu bieten, die komplementär ist und nicht der humanistischen Perspektive auf Kunst und Ästhetik widerspricht“ (Gallese, 2017).


Forschungsbeiträge der empirischen Ästhetik

Goldener Schnitt, Gestaltprinzipien und Neuroästhetik


Fechner und der Goldene Schnitt

Die ersten Versuche, ästhetische Wahrnehmung mit experimentellen Methoden zu untersuchen, wurden

The Mind Blog | VM mind & creative
Gustav Theodor Fechner (1801-1887) | Goldener Schnitt

Ende des 19. Jahrhunderts von Gustav Theodor Fechner durchgeführt. Sie begründeten das Forschungsfeld der empirischen Ästhetik. In seinen Werken „Vorschule der Ästhetik“ (Fechner, 1876) und „Elemente der Psychophysik“ (Fechner & Wundt, 1889) beschreibt Fechner seine empirischen Studien zur ästhetischen Wahrnehmung sowie viele der klassischen Techniken und Theorien zum Zusammenhang von physikalischen Reizen und mentalen Prozesse, die auch heute noch in Gebrauch sind.


Bühler, Wertheim und die Gestaltprinzipien

Seit Fechners Arbeiten zu ästhetischen Prinzipien wie dem Goldenen Schnitt sowie seinen ersten Feldstudien im Museum lieferten vor allem die Arbeiten von Bühler (1913) und Wertheim (1923) zu den Gestaltprinzipien, Arnheims Arbeiten zu Kunst und ästhetischer Wahrnehmung sowie die biologische Arousal-Theoire von Berlyne uns seinem Forschungsteam (1971, 1974) wichtige und anerkannte Beiträge zu diesem neuen Forschungsfeld.


Die Neurowissenschaften und Ästhetik

Seit der kognitiven Revolution in der Psychologie haben sich Modelle zur ästhetischen Informationsverarbeitung, wie z.B. von Leder, Nelke, Oberst und Augustin (2004) oder neuropsychologische Modelle wie beispielsweise von Chatterjee (2004) zum Ziel gesetzt, die relevanten Informationsverarbeitungsstufen zu definieren, die zu ästhetischen Erfahrungen führen.

Die Erfindung von neuen bildgebenden Verfahren ermöglichte es den Forschern, Einblicke in die neuronalen, und biologischen Grundlagen der ästhetischen Wahrnehmung und Erfahrung zu gewinnen. Daraus entstand eine neue Subdisziplin der empirischen Ästhetik – das Forschungsfeld der Neuroästhetik.

Neurowissenschaftliche Studien zu ästhetischer Wahrnehmung beleuchten das Zusammenspiel von sensorischen, wahrnehmungsbezogenen und kognitiven Prozessen während einer ästhetischen Erfahrung.


Ein neuer Blick auf die Komplexität von ästhetischen Erfahrungen


Die neuen Entwicklungen in der empirischen Ästhetik führten und führen weiterhin zu einem immer breiteren Bild der mentalen Prozesse, die an der ästhetischen Wahrnehmung beteiligt sind. Sie ermöglichen es, das bisher gewonnene Wissen aus der klassischen Verhaltensforschung, der Psychophysik, der Kogntionspsychologie, der Neuropsychologie, den Neurowissenschaften und der Neurobiologie zu verbinden. Die aktuellen theoretischen Frameworks berücksichtigen die Komplexität und Mehrdimensionalität der Erfahrung von Ästhetik und Kunst von einem psychologischen Standpunkt aus.

Chatterjee und Vartanjan (2014) definieren in ihrem "Aesthetic Triad Model" ästhetische Erfahrungen als


"...emergente Zustände, die sich aus der Wechselwirkung zwischen sensorisch-motorischen, emotionalen-bewertenden und bedeutungsgebenden-wissensbasierten neuronalen Systemen ergeben."

Diese Definition beschreibt sehr klar das dynamische Zusammenspiel von höheren kognitiven Prozessen mit den neurobiologischen Vorgaben der menschlichen Wahrnehmungsverarbeitung.


Die Ergebnisse der psychologischen Forschung zeigen, dass ästhetische Erfahrungen auf unseren sinnlichen Wahrnehmungen basieren, bevor wir überhaupt etwas als "ästhetisch" beurteilen können. Sie bieten mit Ihren Beiträgen einen ergänzenden definierenden Rahmen für eine – dennoch hochindividuelle menschliche Erfahrung.


VM mind & creative

M.Sc.-Psych. Veronika Mayer

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